Media Tasting News

9
Jun

3D Sound katapultiert die digitale Bühne ins nächste Level

Interview mit Sebastian Gsuck und Nüjin Kartal von den MediaApes

Welchen Vorteil haben die Teilnehmer der Tasting Talks Week, wenn dort immersive Sound eingesetzt wird?

Sebastian: Weltweit ist der Ansatz einer immersiven Konferenz einmalig und bietet völlig neue Möglichkeiten. Teilnehmer können diese Querschnittstechnologie nun als erste erleben und mitnehmen – auch für Ihren jeweiligen Beruf und Schwerpunkt. Wir nehmen die Teilnehmer auf eine akustische Reise mit. Stereo muss das Hirn umrechnen.

Sebastian Gsuck

3D ist wesentlich einfacher zu verarbeiten. Jeder, der schon einmal auf einem Kongress war, kennt den Effekt: Man sitzt am Rand, der Speaker ist in der Mitte – oder umgekehrt. Man muss sich anstrengen, dem Redner zu folgen. Bei 3D-Audio ist das anders. Die Audioquelle bewegt sich mit dem Redner. Man ist akustisch dort, wo auch der Sprecher ist. Das strengt weniger an. Der Vorteil liegt also darin, dass Aussteller und Speaker wesentlich mehr Möglichkeiten haben um ihre Zuhörer direkt zu erreichen und mit einzubeziehen. Die Zuhörer wiederum werden mitgenommen, erleben den Vortrag und sind davon umgeben, anstatt ihm nur beizuwohnen. Hinzu kommt: Das limbische System wird nicht durch die Augen angesprochen. Gänsehaut-Feeling erhält man durch Hören, Riechen, Schmecken, aber nicht durch Sehen.

Nûjîn: Grundsätzlich gesagt: Wir arbeiten mit Räumen, da geht es nicht um Effekthascherei, sondern darum, Menschen mitzunehmen. Natürlich machen wir zwischen den Speakern auch mal einen Break und irritieren die Teilnehmer im positiven Sinn, so dass sie sich fragen: „Wo kam das Geräusch denn her?“ Schließlich wollen wir auch Aufmerksamkeit erzeugen.

3D-Audio ist also nicht nur Entertainment?

Sebastian: Auf gar keinen Fall. Nehmen wir das Beispiel Sprachen: Wenn wir Sprachen lernen und den Begriff „Wald“ mit immersive Sound hören, kann das Hirn eine ganz andere Verbindung schaffen. Die Wirkung muss auch von Psychologen erforscht werden. Die Ergebnisse können dazu beitragen, die Methode bestmöglich zu entwickeln. Ein anderes Beispiel aus der Medizin: Menschen mit Prüfungsangst. Mit 3D-Audio schaffen wir ein akustisches Erlebnis, dass dafür sorgt, dass er sich zu Hause fühlt. Er hat den Eindruck, dort zu sitzen, wo er sonst lernt. Das nimmt den Stress. Den Effekt und die Wirkung von 3D Audio kann man vor allem auch bei unserem Vortrag, wie aber auch bei der gesamten Konferenz gut erfahren, da wir die Teilnehmer akustisch an andere Orte versetzen.

Wie wird das Thema bei Unternehmen aufgenommen?

Sebastian: Die Wahrnehmung ändert sich gerade. Wir arbeiten ja seit vielen Jahren im Ton-Bereich und Ton war immer das Stiefkind. Der Ton kam immer zuletzt, wenn alles schon fertig war – und das hörte man dem Ergebnis leider auch an. Diese Nicht-Beachtung lag auch daran, dass Toningenieure in ihrem Studio sitzen und nicht sichtbar sind (lacht).

Nüjin Kartal

Nûjîn: Durch 3D verläuft der Prozess anders. Wir finden jetzt bereits am Anfang der Kette statt. Das erzielt natürlich auch bessere Resultate. Wenn man zu Beginn die Zielsetzung kennt, weiß man, was man bei der Aufnahme bedenken muss. Inzwischen werden wir als Berater wahrgenommen, nicht mehr als Ton-Techniker.

Sebastian: Wir haben hier in Deutschland die Chance, Content zu kreieren, der auf internationaler Ebene wirkt. Damit schaffen wir Märkte und auch neue Experiences. Konsumenten sehnen sich danach, etwas Neues zu erfahren. Sie wollen abtauchen und hören viel Musik. Mit immersive Sound geben wir ihnen eine neue Erfahrung. Durch 3D Audio gelangt man schneller ins Ohr der Zielgruppe und steigert die Aufnahmefähigkeit, weil man beim Hören nicht so schnell ermüdet – gerade in Verbindung mit Bild.

Es gibt auf Eurer Website ein Foto mit einem Lüster. Was hat es denn damit auf sich?

Sebastian: Immersive Sound braucht auch eine andere Aufnahmetechnik. Wenn man am Set einen Meter lang nur Mikrofone hängen hat, sieht das natürlich nicht cool aus. Wir haben stattdessen die Mikrofone in einen Lüster integriert. Er sieht aus, wie eine Lampe, hängt von der Decke und passt sich gut ins Gebäude ein. Bei uns gilt es immer, kreative Lösungen zu finden.

Ihr arbeitet auch mit der TU Kaiserslautern zusammen. Was genau ist Euer Forschungsthema?

Nûjîn: Wir sind daran, Grundlagenstudien aufzusetzen. Im ersten Schritt haben wir im Herbst 2019 ein Paper über Lokalisierung in Bezug auf 3D-Ton in VR veröffentlicht. Dort wurde untersucht, wie durch den richtungsbasierten Ton die Reaktionszeit und Wahrnehmung verbessert werden kann. Es gibt im Bereich Ton keine Forschung, wie 3D-Ton wirkt, was er verursachen kann und was 3D-Ton für einen Mehrwert hat. Das große Plus bei der Zusammenarbeit mit der TU Kaiserlautern ist, dass wir hier mit Psychologen und Technikprofis arbeiten.

Sebastian: Wir bleiben dran. Schließlich waren wir Pioniere und wollen es auch bleiben.