Media Tasting News

26
Jun

Immersive schafft Gänsehautmomente

„Das Wichtigste ist Aufmerksamkeit. Alles was wir tun, ist, Emotionen zu schaffen, damit wir Aufmerksamkeit bekommen.“ Mit dieser klaren Aussage leitete Sebastian Gsuck, CEO, CVO & Managing Director von Media Apes, seine Key Note ein. Ob Fernsehen, Produktion oder Werbung – alle wollen Aufmerksamkeit erhalten. Das gelingt am besten mit Storytelling. Die 3D-Audio-Technologie ist für Gsuck dabei ein „Game Changer“. Denn der Ton spricht das limbische System am stärksten von allen Sinne an und führt zu „Gänsehautmomenten“. Wenn man den Kopfhörer aufsetzt, ist man sofort in einer neuen Welt und nimmt die Erlebnisse dort mit. Wie das funktioniert, belegte der Audio-Experte überzeugend mit verschiedenen Beispielen wie Musik, Wald – und Dschungelgeräusche.

In die Haut eines Anderen versetzte auch die 360-Dokufiction „Mare Nostrum – The Nightmare“, bei dem MediaApes den Sound verantwortete. Hier schildert die italienische Filmregisseurin Stefania Casini in eindrucksstarken Szenen die Geschichte eines Jungen, der nach Europa über das Mittelmeer flüchtet. Audio lässt so auf beklemmende Weise erleben, wie sich Flucht anfühlt.

Immersive Sound lässt sich auch einsetzen, um nachhaltig zu leben. Wer über ein Projekte von Media Apes die Insel Hawaii besucht, muss nicht mehr extra dort hinfliegen. Technologie alleine ist für Gsuck aber nicht der springende Punkt. Wichtiger ist für ihn „in Konzepten zu denken, die die Dinge erreichen, die sie erreichen sollen.“ Deshalb rief er am Ende seiner Key Note leidenschaftlich dazu auf, aus Deutschland heraus innovative Produkte zu entwickeln, die tragfähig sind und das „am besten heute noch. Ich möchte Ihnen den Impuls geben, dass wir zusammen Stärke zeigen.“

Vom Dschungel ging es über Stuttgart, wo das Media Tasting beheimatet ist, ans Meer. Genauer gesagt zum Video von „Tag am Meer“ von den Fantastischen Vier. Das VR-Highlight entstand anlässlich ihres 30-jährigen Bandjubiläums. Zu den Klängen des 90er-Jahre-Hits „Tag am Meer“ tauchen die Zuschauer gemeinsam mit Smudo, Thomas D, Michi Beck und And.Ypsilon in das interaktive Universum der Fantastischen Vier ein. Diese Virtual Reality Experience wurde auf der IFA 2019 in Berlin am Stand der Telekom vorgestellt. Es war das weltweit erste VR-Experience einer Band in 6DoF (Degrees of Freedom). „Hier werden Erlebnisse geschaffen, die immersiv sind. Man ist ganz nahe an den Stars“, erläuterte Stephan Heininger, Leiter Incubation Eco Systems, Deutsche Telekom Individual Solutions & Products. Er verantwortete von 2017 bis Mai 2020 die Virtual Reality Aktivitäten der Telekom Deutschland GmbH und führte das Angebot „Magenta Virtual Reality“ an den Markt.

Heininger zeigte auf, wie Lizensierung und Eigenproduktionen in den Bereichen Sport, Kunst und Musik zwei wesentliche Content-Quellen für die Telekom sind. In der interaktiven VR- und 360-Grad-App der Telekom lässt sich Fliegen mit dem Wing Suit, Snowboarden und ein Training beim deutschen Meister FC Bayern via VR erleben. Wer sich dagegen für Kunst interessiert, kann einen virtuellen 360-Grad-Rundgang durch die Kunstsammlung in Zagreb unternehmen. „Die Energie transportiert sich aus dem Museum“, sagt der VR-Experte. Ob Fanta 4, Sport oder Kunst: „Man wird Teil des Geschehens.“

Museen und VR waren auch beim nächsten Tasting miteinander verknüpft. Annekatrin Baumann, Projektleiterin Open Culture, Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, stellte „Open Culture BW meets VR“ vor. Hier werden Kulturdaten mit AR- und VR-Anwendungen verknüpft. Was zunächst abstrakt klingt, erklärte sie anschaulich am Beispiel einer Audioaufnahme eines historischen Posthorns. Der Klang wird in die Gegenwart gerettet und neu eingesetzt. Kulturdaten sind also Daten, die in Museen entstehen, deren Rechte frei werden und für die Allgemeinheit zur Verfügung stehen.

„Wir schlagen eine Brücke zwischen Museen und Kultureinrichtungen einerseits und Universitäten und Studierenden andererseits.“ Dabei ginge es unter anderem um den Erhalt des kulturellen Erbes, Vernetzung des Hochschul- und Kulturerbes sowie Einsatz in potenzielle Arbeitswelten. „Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, wie man Daten nutzen kann.“ Dieses Ziel wurde im Mai mit einem Online-Hackathon umgesetzt. Knapp hundert Teilenehmer bildeten 17 interdisziplinäre Teams und arbeiteten zwei Tage lang an Projekten. Dem zugrunde lagen fünf Kulturdatensätze. „Der Begriff Offenheit hat sehr gut funktioniert.“ Die Ergebnisse machen außerdem Lust, wieder einmal ins Museum zu gehen.

Smarte digitale Technologien sorgen auch für Barrierefreiheit. Wie, das erläuterte Dieter Ruther, Geschäftsführer Fincons Deutschland. Wer nicht hören kann, schaltet im Fernsehen den Kanal für Gebärdendolmetscher hinzu. Bislang saß dieser sogenannte „Signer“ im Studio und übersetzte den Text in Mimik und Gestik. Mit dem Angebot Content4All, an dem Fincons maßgeblich beteiligt ist, soll sich das ändern. Content4All strebt die Entwicklung eines fotorealistischen 3D-Menschen-Avatars für die Live-Deutung von Fernsehsendungen in Gebärdensprache an.

Rundfunkanstalten hätten somit eine erschwingliche und nachhaltige Lösung, um die Dienstleistungen für Gehörlose zu verbessern. Durch die Senkung der Produktionskosten werden die Sender in die Lage versetzt, mehr Inhalte in Gebärdensprache zur Verfügung zu stellen, ein größeres Publikum zu erreichen und das Fernsehen integrativer und ansprechender zu gestalten. Das Projekt wurde kürzlich mit dem NAB Technology Innovation Award ausgezeichnet.

Die Fähigkeit zu hören stand auch im Mittelpunkt des letzten Tastings – allerdings unter ganz anderen Vorzeichen. Wie hört sich Motor-GP-Training an? Wie Musik, wenn ich die Instrumente an verschiedene Positionen setze? Anhand von Hörproben mit „Ambisonics Sound“ nahm Andreas Gall, Chief Innovation Officer bei Red Bull Media House, die Teilnehmer mit auf eine akustische Reise. „Die Hörunterschiede zwischen 3D-Sound und klassischer Aufnahme sind immens“ bilanzierte Gall. Red Bull Media House nimmt die alte Erfahrung zu hören mit, nutzt dabei aber neue Technologien. „Wir wollen Audio zurückholen und Emotionen stärker unterstreichen.“

Die Genussempfehlung zum Wochenende war ein Sauvignon Blanc 2019 von Oliver Zeter – ein frischer, saftiger Sauvignon Blanc für jede gute Gelegenheit. Er schmeckt nach Maracuja, Stachelbeere, Cassis und hat auch grüne Geschmacksaromen wie grüne Paprika.

http://media-tasting.de/weingut-oliver-zeter

Am Ende der fulminanten Tasting Talks Week zog Frank Apfel, Initiator der Tasting Talks Week und Geschäftsführer von Apfel Programm Marketing, eine positive Bilanz: „Wir haben in den letzten Tagen über Innovation durch Zusammenarbeit, über Streaming, Content, neue Geschäftsmodelle und über Verantwortung, Nachhaltigkeit, Fake News, Media Future und heute über Immersive Themen gesprochen und im Nachgang diskutiert.“ Mehr als 500 Teilnehmer haben zugehört, diskutiert, sich miteinander vernetzt und neue Impulse erhalten. Let’s work together, das Motto der ersten Tasting Talks Week, wurde somit an fünf Tagen ganz konkret umgesetzt.