Media Tasting News

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Mrz

Nicht mit Kanonen auf YouTuber schießen

Er macht „irgendwas mit Medien“ und das voller Leidenschaft – Oguz Yilmaz. Wenn er nicht den „Weltfrieden retten will“, entwickelt er mit seiner digitalen Kreativagentur whylder  plattformübergreifende Kommunikationsstrategien im Social Web. Und darin hat er viel Erfahrung, schließlich gehörte er als Y-Titty Protagonist jahrelang zu den wichtigsten Influencern. Erfahrungen, die er heute weiter gibt. 

                                     
Die Zutaten verheißen einen Mega-Erfolg. Man nehme eine Marke, verquicke sie mit einem erfolgreichen Influencer und schon beginnt der Run auf die Produkte. Eine einfache Formel. So scheint es auf den ersten Blick.
Allein auf Reichweite zu setzen, scheint zu kurz gedacht, oder? Was ist der Schlüssel zum Erfolg?

Nur auf Reichweite zu setzen wird schon so inflationär benutzt, dass die User anfangen, wie bei Werbebannern die Influencerwerbung auszublenden. Bedeutet aber nicht, dass Influencer mit hoher Reichweite nicht nützlich sind. Sie haben zwar einen enormen Streuverlust bei der Verbreitung ihrer Inhalte und durch die Masse an Werbung geht die Glaubwürdigkeit einzelner Posts eventuell etwas zurück, was sie aber weiterhin besitzen, ist die Macht, teilweise extrem große Mengen an Menschen schnell zu aktivieren. Sie sind nützlich in einem Marketing Mix, gepaart mit kleineren Influencern, die eben im Gegenzug mehr Glaubwürdigkeit mitbringen. Es muss ein Plan dahinter sein, in den die Influencer eingebunden werden, statt einen Influencer zu suchen und um diese Person etwas zu stricken.

Dem verstaubten Brand ein Face-Lifting zu verpassen, um ihn sexy für junge Zielgruppen zu machen – auch das ist ein Grund für Influencer-Marketing. Taugen dazu die YouTube-Stars? Bleiben Brands mit ihrer Hilfe „forever young“?

Auf jeden Fall, ist aber nicht zwingend notwendig. Um am Zahn der Zeit zu bleiben, kann man auch experimentieren und für sich herausfinden, ob und wie man Social Media selbst innovativ einsetzen kann, um die Aufmerksamkeit der jungen Zielgruppe zu erhalten. Ob hier YouTuber oder andere Influencer eine Rolle spielen, kann dann im zweiten Schritt entschieden werden.

Marketing-Entscheider wollen bei Influencer-Kampagnen kräftig das Budget aufstocken. Ein konsequenter Schritt – aber auch ein Erfolgsgarant?

Ganz wichtig ist, dass sie mehr in die richtigen Konzepte investieren. Meiner Meinung nach kann es nicht funktionieren, mit Kanonen (noch) mehr Geld auf die Influencer zu schießen, wenn die Strategie dahinter nicht passt. Eine individuell angepasste Herangehensweise ist notwendig, um nicht das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster zu werfen und danach die Influencer im Kollektiv dafür verantwortlich zu machen.

Meiner Meinung nach kann es nicht funktionieren mit Kanonen (noch) mehr Geld auf die Influencer zu schießen, wenn die Strategie dahinter nicht passt.

Seit 2006 bewegen Sie sich auf YouTube und sind damit Mann der ersten Stunde. Konnten Sie verhindern, ein „alter Hase“ zu werden?

Die Onlinewelt ist ein extrem schnelllebiges Geschäft und nur die wenigsten schaffen es, sich wirklich dauerhaft zu etablieren und ein nachhaltiges Geschäftsmodell daraus aufzubauen.
Wir haben zum Glück noch rechtzeitig gemerkt, wann „die Geschichte von Y-Titty“ zu Ende erzählt wurde und es an der Zeit war, neue Abenteuer und Projekte anzugehen, um eben keine alten Hasen auf YouTube zu sein, die nicht aufhören wollen.

Sie waren mit Y-Titty ganz oben im YouTube Olymp, haben Zeichen gesetzt, sogar einen „Echo“ gewonnen in der Kategorie „Bestes Video“. Seit Dezember 2015 gibt es Y-Titty nicht mehr. Was hat sich seither verändert in der YouTube Welt?

YouTube hat sich als Plattform immer weiter geöffnet und bietet auch immer mehr Inhalte für ältere Zielgruppen an. In den Anfangsjahren wurde YouTube u.a. in Deutschland etwas unterschätzt und von älteren Menschen als Schrott und Kindergarten gesehen. Mit der zunehmenden Qualitätssteigerung, Innovation und auch Investition verschiedener Parteien hat sich das geändert. Es gibt aber mittlerweile auch ein immer größeres Angebot mit verschiedenen Social Media Plattformen, die auch lukrative Monetarisierungsmöglichkeiten bieten, und andere Player wie Netflix, die die Zuschauer auch mehr und mehr vor die Wahl stellen – schließlich hat der Tag nur begrenzte Stunden.

Als 25-jähriger YouTube-Opa kann ich diese Entwicklung aber nur begrüßen, denn der Wettbewerb beflügelt auch das Geschäft und bringt im Idealfall noch hochwertigere Inhalte hervor.

Wenn heute ein 10-Jähriger zu ihnen kommt und sagt, sein Berufsziel sei es, erfolgreicher „YouTuber“ zu werden, was sagen Sie ihm?

Ehrlich gesagt würde ich der Person wohl im Vorfeld abraten, wenn sie nicht unbedingt den Drang verspürt, Videos zu produzieren oder besonders gut vor der Kamera funktioniert. Falls er ein anderes Talent hat, z.B. Fotografie mit einem ganz speziellen Stil, würde ich dazu raten, sich auf Instagram zu fokussieren. Den großen Traumberuf des YouTubers gibt es meiner Meinung nach nicht mehr, da kann man genau so versuchen, beim Supertalent zu gewinnen.

Danke für das Gespräch.

Oguz Yilmaz ist einer der Top-Speaker bei der  Change Media Tasting am 11.07. 2017 in Stuttgart.