Perspektiven und Kontroversen zu den Reformen im dualen Rundfunksystem.
Neustadt an der Weinstraße, 03. Dezember 2024 – Der 37. Tasting Talk zum Thema „Fairer Wettbewerb oder Einbahnstraße? Die Zukunft des dualen Mediensystems“ brachte am 29. November 2024 führende Experten aus Medienrecht und Rundfunk zusammen, um über die Zukunft des dualen Rundfunksystems in Deutschland zu debattieren. Die Diskussion drehte sich um die Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Herausforderungen für private Medienanbieter.
Reformschritte und Herausforderungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Dr. Alexandra Köth, Juristische Direktorin des SWR, stellte die Reformmaßnahmen der ARD vor. „Wir wollen mehr Exzellenz, mehr Effizienz und mehr Vielfalt“, erklärte sie und führte Beispiele wie die Zusammenarbeit der Landesrundfunkanstalten in Kompetenzzentren und gemeinsame Sendestrecken an. Die ARD habe sich das Ziel gesetzt, gleichartige Neuproduktionen zu vermeiden und stattdessen regionale, digitale Angebote auszubauen, um neue Zielgruppen zu erreichen. Allerdings kritisierte Köth die Beschränkungen im Online-Bereich: „Wir halten das für sehr kritisch, da wir immer schnelle und einordnende Informationen bereitstellen müssen.“ Sie wies außerdem darauf hin, dass die Medienlandschaft heute durch internationale Tech-Giganten geprägt sei: „Wir haben kein reines duales System mehr, sondern letztlich ein trimediales System.“
Perspektive der privaten Anbieter: Kritik an unzureichenden Maßnahmen
Daniela Beaujean, Geschäftsführerin des VAUNET, lobte die Ansätze im Reformstaatsvertrag, wie etwa die angestrebte Programmanzahlreduktion und die Regelungen zur Kooperation zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern. Dennoch äußerte sie deutliche Kritik: „Es wäre misslich, wenn der Reformstaatsvertrag in einer Sackgasse enden würde.“ Sie betonte, dass Maßnahmen wie die Deckelung von Sportrechte-Ausgaben zwar positiv seien, jedoch nicht ausreichend, um eine tatsächliche Kostenreduktion sicherzustellen. Auch die zunehmende Expansion der kommerziellen Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Anbieter sieht sie kritisch: „Die kommerziellen Töchter entwickeln sich zunehmend zu eigenständigen Publishern, was den Wettbewerb auf dem Online-Markt zusätzlich verschärft.“
Degenhart: Reformbedarf und verfassungsrechtliche Perspektiven
Prof. Dr. Christoph Degenhart, Experte für Medienrecht, lenkte die Diskussion auf verfassungsrechtliche und politische Aspekte der Reformen. Er bewertete die Begrenzung der Programmanzahl und die Einschränkungen im Bereich der Online-Medien als sinnvolle Ansätze: „Ich denke, die Vorschläge sind überwiegend ganz vernünftig, auch die Begrenzung der Programme und die Einschränkungen im Bereich der Online-Medien, insbesondere das Verbot presseähnlicher Beiträge.“ Degenhart betonte die Bedeutung des dualen Mediensystems: „Wir sprechen über ein duales Mediensystem, nicht nur ein duales Rundfunksystem. Wir müssen also auch die privaten Medien, insbesondere die Printmedien, mit einbeziehen.“
Eine Fusion von ARD und ZDF oder die Integration kleinerer Rundfunkanstalten wie Radio Bremen oder des Saarländischen Rundfunks in größere Einheiten hält Degenhart für sinnvoll, sieht jedoch politische und föderale Hürden: „Was wir hier diskutieren, mag sinnvoll sein, ist jedoch politisch schwer durchsetzbar.“ Degenhart zeigte sich skeptisch, ob die Reformen ausreichend ambitioniert seien: „Der Dampfer ist zu träge und zu groß, um abrupt in eine andere Richtung gesteuert zu werden.“ Dennoch betonte er die Relevanz der aktuellen Diskussion.